Aber unter den Defender-Fahrern gibt es eben giftige Propheten, großmütige Angeber und abgeklärte Heilige - aber sie alle einigt dieselbe Leidenschaft, wenn sie denn dabei bleiben, und ich liebe sie alle und grüße sie freudig, wenn ich ihnen begegne.
Mir ist übrigens nicht ganz verständlich, warum so viele dieses schlanke Fahrzeug einen "Dicken" nennen. Auch der lange Defender ist kürzer und schmaler als die meisten Wagen der oberen Mittelklasse und alle SUVs. Und über die langen Jahre seiner Existenz hat er kaum Fett angesetzt.
Aber zur Sache: Landy? Lieber nicht ... und warum nicht?
Natürlich ist es ein Ausdruck der Lebenseinstellung, wenn man Defender fährt. Aber man kann das auch ganz nüchtern betrachten. Man muß sich nur klar darüber sein, wo die technischen Grenzen des Fahrzeugs sind.
Dabei nur ganz kurz zum Hintergrund, vor dem ich argumentiere: wir haben viele Saabs gefahren und tun das heute noch. In der langen Kette der Autos, die viel mitmachen mußten, waren auch ein paar Daimler und vor Urzeiten sogar ein Landrover V8.
Wir haben dabei alles mögliche erlebt, was man so in den Foren - auch diesem - lesen kann. Wir wissen mittlerweile, daß ein technischer Gebrauchsgegenstand, den man intensiv nutzt, auch Schaden nimmt. Wir wissen, daß etwas, das so kompliziert ist wie selbst der schlichte Defender, konstruktive, Material- und Fertigungsschwächen aufweist. Egal, von welcher Marke. Das ist einfach so.
Wir haben auch erlebt, daß diese ganzen Autos - von einem Saab 96, den meine Kinder wieder aufbauen, und unserem ersten Landrover abgesehen - irgendwann einfach so in sich zusammenfallen, schwinden, unbrauchbar werden. Da kommt dann plötzlich alles zusammen, das bricht in rapider Folge weg.
Der Defender ist anders. Er erinnert mich in vielen Aspekten an die Autos der 50er und 60er Jahre, als die Materialwissenschaft noch nicht so weit war. Und Landrover hat ja mit dem vielen Geld, das dieses Einfachfahrzeug ihnen verdient hat, lieber irgendwelche kostspieligen Experimente bezahlt oder im Konzern querfinanziert, als es in die Verbesserung von Konstruktion und Qualität zu stecken. Und so ist er denn "übergeblieben".
Der Defender ist keine Komfortkiste, und trotzdem habe ich noch kein Auto erlebt, in dem ich 24 Stunden sitzen kann, ohne Rückenschmerzen zu haben. Und wer Saab gefahren ist, weiß, was gute Sitze sind. Der Defender ist laut, und trotzdem steige ich entspannt aus, wo mich bei anderen Wagen schon längst alle möglichen Nebengeräusche genervt haben. Auch ohne Airbag und Sidebag fahre ich sicherer, weil der Defender so gar nicht zum Rasen verführt. Der Defender gibt selbst mit dem "neuen" Fahrgestellt (mit Schraubenfedern und so) sehr viel Straße in den Innenraum weiter, und trotzdem macht er einen nicht kaputt. Man wundert sich höchstens, wenn man mit einem normalen Wagen dieselbe Strecke fährt, wo denn die vielen Unebenheiten geblieben sind...
Der Defender hat eine Menge Schwachstellen in Konstruktion und Material. Und das zeigt sich dann im Laufe der Zeit - natürlich, wie bei anderen Autos auch. Er hat aber eine schier unverwüstliche Basis, und darum fahren noch so viele Landrover der Defender-Familie, während all die anderen, ob Japaner, Amis oder auch die Nichten und Neffen aus dem Landrover-Clan, irgendwann weg sind.
Wenn man aber weiß, daß der Defender diese Schwächen hat, geht man auch bitteschön anders mit ihm um. Wernn man mit ihm im Wald ist, läßt man ihn vorsichtig über Stein und Stock krabbeln. Wenn man auf einer schlechten Naturstraße unterwegs ist, heizt man nicht. Wenn man ihn auf der Autobahn fährt, holt man nicht alles heraus, was der moderne Motor hergibt. Und wenn man sich klarmacht, welches Gewicht man da bewegt, geht man auch mit der Bremse vorsichtiger um. Der Defender ist dann immer noch robuster als alle anderen, aber man muß ihn ja nicht mutwillig an die Grenzen führen - und wenn man es tut, bekommt man auch irgendwann die Quittung (der Werkstatt).
Und selbst, wenn man ihn nicht so robust behandelt, wie er aussieht, können - wie bei anderen Autos auch, mit denen man immer noch besser umgeht als der durchschnittlich rücksichtsvolle Defenderfahrer mit seinem geliebten Fahrzeug - ganz blöde Schäden auftreten, weil da jemand in der Fertigung bei Landrover oder den Zulieferern gepfuscht hat.
Nun betrachten wir das noch von der ökonomischen Seite: die lange Version mit Klima und so kostet etwa 33.000 Euro. Rechne mal 7.000 Euro darauf, um nachzubessern - Hohlraumversiegelung, Komfortverbesserungen wie Overdrive, höhere Kosten der Inspektionen in den ersten hundertausend Kilometern, eine teure erste Reparatur. Bist Du bei 40.000 Euro für eine Menge umbauten Raum, in dem Du Dich sehr schnell wohl und zu Hause fühlst, und mit dem Du viel mehr machen kannst als mit anderen Autos - außer in Parkhäuser fahren, wenn Du einen Träger oder ein Zelt auf dem Dach hast. Und irgendwann kommen andere Reparaturen, die nicht zum normalen Unterhalt zu rechnen sind, von 10.000 Euro insgesamt. Ok?
Diese Investition kannst Du nun über - knapp gerechnet - 30 Jahre abschreiben. In dieser Zeit liegen die Verbrauchskosten etwa wie beim VW-Bus oder beim Viano/Vito. Aber immer noch niedriger als beim Saab 9-5 Aero. Lassen wir die aber mal außer Ansatz.
Ein Saab kostet, rechnen wir sehr bescheiden, etwa 40.000 Euro. Und man braucht initial nichts draufzurechnen, außer ein paar Stafmandaten für zu schnelles Fahren und drei Punkten für das Drängeln auf der Autobahn. Nach 10 Jahren ist er hin. Jedenfalls mit einer Wahrscheinlichkeit von fast 100%. In dieser Zeit hatte man dann Reparaturen - wiederum nicht normaler Unterhalt - von ca. 5.000 Euro. Ok?
Also: Defender -> 50.000/30 = 1.666 Euro/Jahr, Saab -> 45.000/10 = 4.500 Euro/Jahr.
Ganz nüchtern betrachtet. Mann, ist das schwer, beim Defender nüchtern zu bleiben.
Also, dürfen wir Dich demnächst in der Gemeinschaft der giftigen Propheten, großmütigen Angeber und abgeklärten Heiligen begrüßen?
Thomas G.
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