ja, ich weiß, es ist ein Dauerthema. Darum bitte ich auch alle, die die native Geräuschkulisse des Defenders einfach klasse finden, weder weiterzulesen noch ätzende Kommentare abzusondern.
Mein Traumwagen ist nun 7 Jahre alt und hat über 210.000 Kilometer runter. Da die Dinger mängelbehaftet und unfertig ausgeliefert worden, fuhr er sich wie am ersten Tag - nur bei mir zeigte sich das Alter: das Gehör lässt nach, die Geräuschempfindlichkeit nimmt zu, gerade auf den 20-Stunden-Trips nach Nordschweden, unserer Wahlheimat.
Das wollte ich ändern, und das habe ich geändert. Nicht, dass ich jetzt das Gefühl habe, in einer Mercedes-S-Klasse zu fahren, aber es hat doch so viel gebracht, dass meine Frau und ich den Gedanken, auf einen Disco umzusteigen, fallengelassen haben.
Für die, die Ähnliches vorhaben, schildere ich jetzt einmal, was ich alles getan habe.
1. Verwendetes Material
1.1 Dämmmatten (sieht bescheuert aus mit den drei "m", ist aber korrekt)
a. ARMASOUND RD 240 ASD-240-15/A (15mm stark)
b. ARMASOUND RD 240 ASD-240-25/A (25mm stark)
Für dieses Material habe ich mich auf Grund der excellenten Dämmwerte entschieden. Es ist nicht ganz billig, aber es ist das Geld wert. Informationen dazu finden sich unter http://www.armacell.de/. Der sehr kompetente und freundlich Kundenservice kann lokale Händler benennen, über die man das Material bestellen kann.
Das Zeug ist enorm schwer; die Klebeigenschaften sind hervorragend, selbst bei arktischen Temperaturen. Der Untergrund muss aber wirklich fettfrei und sauber sein - ich habe mit Benzin und Universallöser gearbeitet.
1.2 Anti-Dröhn-Matten
- Technoass Anti-Dröhnrolle 20cm
Dort, wo ich nicht genügend Platz für (1.1) hatte oder wo Nässe droht, habe ich dieses Material verwendet. Vorher hatte ich normale Anti-Dröhn-Matten aus dem Kfz-Zubehörhandel verwendet, aber das taugte nichts, weil es bei sehr tiefen Temperaturen abfiel. Die Technoass-Lösung kommt auf der Rolle, ist sehr flexibel und wirksam, und vor allem klebt es phantastisch. Auch das ist sein Geld wert.
Informationen dazu finden sich unter http://www.technoass.de/
1.3 Dichtprofile
Den Tip dazu habe ich bei Blacklandy gefunden. Es ist "Dichtprofil ST stehend klein (HB114010)" von Woick (http://www.woick.de).
1.4 Plastikwinkel
Aus dem Baumarkt habe ich mir 1 und 2 Meter lange schwarze Winkelprofile aus schwarzem Plastik besorgt, bei denen der eine Schenkel 20 und der andere 25 mm hat.
1.5 Bostik-Kitt und gute Dauerdichtung aus der Kartusche.
1.6 Blechschrauben aus Edelstahl (15, 25 und 35 mm). Die gibt es unter anderem in Läden für Bootszubehör.
1.7 Als Notbehelf: Kautschuk-Ummantelung für Heizungsrohre, aus denen ich mir mit einem sehr scharfen Messer Dichtungsstreifen unterschiedlicher Breite geschnitten habe.
1.8 Doppelseitigen Outdoor-Klebestreifen von Tesa.
1.9 Robuste Plastikfolie aus dem Baumarkt.
1.10 Panzer-Tape breit.
2. Der Motorraum
Jede freie Fläche habe ich mit einer (1.1.a) beklebt.
Dann kam die Motorhaube dran mit (1.1.b). Erst hatte ich die ganze Haube von innen beklebt (aber noch nicht richtig angedrückt), dann dort wieder weggenommen, wo es auflag. Wenn man keine solche Aussparungen vorsieht, überträgt die Motorhaube das Dröhnen des Motors in den Innenraum.
Die Motorhaube liegt an den Seiten nicht auf, sondern lässt einen Schlitz zwischen 5 und 10 mm. Den habe ich mit (1.7) und (1.8) verschlossen. Zuerst hatte ich alles in gleicher Höhe beklebt, aber dann hob sich die Motorhaube nach oben in die Scharniere und klapperte entsetzlich. Das schärfste Küchenmesser war mein Freund - ich nahm wieder so viel weg, dass die Haube wieder in den Scharnieren lag.
Erfolg: Der Motor wurde leiser, sowohl für die Umwelt als auch für die Insassen, selbst bei geöffneten Lüftungsklappen.
3. Das Dach
Im Forum findet Ihr Anleitungen, wie man die Innenverkleidung des Dachs abnimmt. Die suggerieren, dass das keine einfache Übung ist, und ich musste feststellen: das war noch untertrieben. Mir ist die Verkleidung zwar nicht gebrochen, aber ich war der Verzweiflung nahe.
Ich hatte mir im Zubehörhandel eine Kralle besorgt, um die Plastik-Pinökel herauszuziehen, und das war auch gut so. Trotzdem gingen mir einige kaputt - aber das war nicht schlimm, da ich zum Schluss ohnehin einige über hatte (siehe unten).
Das Dach endröhnte ich innen mit (1.1) und (1.2), je nachdem, wieviel Platz da war. Das muss man sich beim Ausbau genau anschauen - zum Beispiel ist im Heck nur Platz für (1.2). Ich hatte das nicht beachtet und musste feststellen, dass (1.1) wirklich so gut klebt, wie der Hersteller es verspricht. Nach vorne hin ist ausreichend Platz für die dicken Matten, was den angenehmen Nebeneffekt hat, dass der Innenraum sich nicht mehr so brutal aufheizt.
Erfolg: weniger Dröhngeräusche, bessere Wärmeisolierung.
4. Der Innenraum
Hier beklebte ich alle freien Flächen mit (1.1.b), nur die Fußräume wegen der Feuchtigkeitsempfindlichkeit mit (1.2).
Dabei entfernte ich den vorhandenen Teppich und legte zum Schluss einen neuen hinein (eine gute Qualität von Vorwerk). Da ich die hintere Bank nicht benötige, habe ich gleich den hinteren Fußraum mit einer Spanplatte überdeckt (natürlich mit Dämmstreifen aus Filz überall dort, wo sie aufliegt); das erlaubt mir, den Wagenheber und anderes Material gut und selbst bei voller Beladung erreichbar unterzubringen.
(1.1.a) klebte ich von innen in die Kästen unter den Sitzen. Da ich eine Zweitbatterie habe, war unter dem linken Sitz nicht wirklich viel Platz dafür.
Zwischen den Sitzen klebte ich gleich zwei Lagen von (1.1.b) - natürlich so, dass man den Deckel über dem Getriebe noch öffnen kann. Für die Füße der Box schnitt ich entsprechend Löcher aus.
Den Getriebetunnel bedeckte ich ebenfalls liebevoll mit (1.1.b). Der Teppich passte immer noch drüber, und die kleinen optischen Verschlechterungen waren mit egal.
Für die Fußräume umhüllte ich das offenporige (1.1.b) mit (1.9) und verklebte das anständig mit Panzertape. Dadurch, dass ich diese Zusatzmatten bis an die Türen heranführte, verminderte ich auch das Eindringen von Wasser.
Erfolg: Das Karosseriedröhnen ist weg, und das Getriebgeräusch ist wirklich sehr erträglich. Bei bestimmten Geschwindigkeiten kommt immer noch ein Resonanzpfeifen durch, aber das ist nur, wenn ich nach Tacho 92 km/h fahre, lässt sich also leicht vermeiden.
5. Die Türen
Als ich die Türen auseinandernahm, bot sich ein Anblick des Grauens. Das gammelte und rostete ganz schlimm. Da einige Stellen schon durchgerostet waren, versuchte ich über meinen Händler, die Durchrostungsgarantie in Anspruch zu nehmen. Der hatte keine rechte Lust dazu, da ich nicht alle Inspektionen dort hatte vornehmen lassen, sondern mich meistens einer sehr kompetente Werkstatt in Hamburg anvertraut hatte (wer in Norddeutschland lebt, kennt die Jungs). Da der Händler nicht motiviert war, war der Hersteller auch nicht weiter kulant. Das ist sehr bedauerlich - für den Händler, denn er ist jetzt einen Kunden los.
Den Rost beseitigte ich mit Hammerit, die Löcher dichtete ich mit Bostik und einer Kartusche Dauerdichtung ab; es läuft jetzt auch kein Wasser mehr hinein, so dass der Gammel gestoppt ist.
Anschließend entdröhnte ich die Türen, wo es ging, mit (1.1) und (1.2). Dabei dachte ich auch an die Trägerbleche für die Fensterheber; das Gestänge der Türöffner schlug teilweise an das Trägerblech an, dort habe ich ein paar Filzstreifen verklebt.
Da mir beim Abnehmen der Verkleidungen ein paar Pinökel wegbrachen, verschraube ich die Verkleidungen an einigen Stellen mit den Edelstahlblechschrauben.
Erfolg: die Türen scheppern nicht mehr, es dröhnt noch weniger, und beim Schließen klingt es echt gut.
6. Das Reserverad
Auf den schlechten Pisten in Nordschweden wurde die Hecktür immer sehr lebendig, und das gab von hinten doch eine ganz gute Geräuschkulisse. Als mir der Heckträge brach, entschloss ich mich, das Reserverad in den Innenraum zu legen.
Erfolg: weniger Krach von hinten, keine Angst mehr um die Hecktür, leider auch weniger Platz im Innenraum.
7. Die Türritzen
Einer Idee hier im Forum folgend habe ich die Türritzen nach oben und um die B-Säule mit (1.3) und (1.4) abgedichtet. Ich entschloss mich für die Winkel, weil ich die mit Edelstahschrauben sehr sicher anbringen konnte. Dadurch, dass die Schenkel unterschiedlich lang sind, kann man ohne viel Schnitzerei den Spaltmaßen gerecht werden - bei mir waren es aber immer mehr als 25mm, teilweise musste ich sogar noch unterfüttern.
Bei den Vordertüren habe ich die Winkelleisten unter der Verkleidung befestigt. Da ich nun die Pinökel nicht mehr einsetzen konnte, setzte ich eine Aluschiende darüber, die ich mit Edelstahlschrauben befestigte. Hier würde ich das nächste Mal Stahlschienen nehmen, weil das Alu sich doch wellt. Aber trotzdem: das sieht sehr sauber aus, und dadurch hatte ich auch wieder Pinökel, die ich dort einsetzen konnte, wo sie mir beim Ausbau der Dachverkleidung kaputt gegangen waren.
Erfolg: Vorher konnte ich auf der mittleren Spur einer dreispurigen Richtungsfahrbahn nach Gehör fahren - die Autos links und die LKWs rechts waren schon sehr laut zu hören. Das ist jetzt fast weg, wie auch die eigenen Reifengeräusche bei Nässe. Gegen die Windgeräusche des Defenders kann man nicht viel machen, aber sie bleiben nun außen. Der Unterschied ist phänomenal.
8. Die Verkleidung
Dieser ganze Plastiksch... quietscht und rappelt. Ein paar strategisch gesetzte Schrauben und Streifen von (1.1) sorgen für Ruhe.
Erfolg: da nervt nichts mehr.
9. Das Armaturenbrett
Das Problem mit Schalldämmung ist, dass man auf einmal Geräusche hört, die man vorher nie wahrgenommen hat. Bei uns war da einiges an Kabeln im Armaturenbrett locker. Mit Kabelbindern und Schaumgummi ist auch das erledigt.
10. Die Fahrweise
Meistens fahre ich im Geleitzug mit den LKWs. Das senkt den Geräuschpegel noch weiter, und vor allem spart es Sprit: ohne Anhänger, aber mit Dachgepäckträger komme ich meiste
11. Zusammenfassung
Wie gesagt: es ist immer noch kein luxus-leises Fahrzeug. Aber es klingt jetzt richtig gut - vor allem der Motor, der mit über 200.000 km ja auch endlich eingefahren ist. Lange Strecken - also 1600 km in einem Stück - sind entspannt abzuspulen.
Viele Grüße
Thomas
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