nachdem Iveco schon fast ein Jahr lang den Massif ankündigt, konnte ich ihn jetzt in Hamburg probefahren. Meine Erfahrungen:
Der äußere Eindruck ist gar nicht so übel, er ist ein kantiges Ungeheuer, das im Einheitslook des Straßenverkehrs nicht weniger auffällt als ein Defender. Schön ist natürlich was anderes, aber Charakter kann man ihm nicht absprechen. Hässlich, aber praktisch-robust, finde ich vor allem die Plastikbeplankung rundum. Für 300 Euro kann man sie lackiert bestellen, dann wirkt das Auto wahrscheinlich deutlich gefälliger.
Innen ist jede Menge Platz. Ich habe mich zuerst in den Kofferraum auf die Radkästen gehockt. Da hat man noch jede Menge Kopffreiheit, wohl noch mehr als im Defender (Innenhöhe ca 1,45 Meter). Eine Wohneinrichtung dürfte man hier gut unterbringen.
Erstaunlich, vor allem für Defender-Fahrer, ist die Sitzposition hinterm Lenkrad. Hier sitzt man wie in einem normalen Auto mit Lenkrad und Pedalen an von Zweibeinern gut erreichbaren Positionen. Der Sitz selbst ist akzeptabel. Für den Qualitätseindruck gilt das allerdings nicht. Das gesamte Plastik wirkt billig, nur grob zusammengesteckt und wackelig (wie der Deckel der Ablage für die Mittelkonsole). Insgesamt ist der Qualitätseindruck noch schlechter als im Defender.
Die nächste Überraschung kommt nach dem Motorstart: der Dreiliter-Diesel schnurrt sanft los, nagelt lautstark nicht einmal in kaltem Zustand. Es war der 146 PS-Motor unter der Haube, der beim Tritt aufs Gaspedal ansatzlos durchzieht und den Zweitonner gehörig in Schwung bringt. Er geht richtig ab, den stärkeren mit 170 PS braucht man wohl kaum. Schneller als 120-130 km/h fährt man aus Lärmgründen sowieso kaum. Schade, dass es keinen Tempomaten gibt.
Den Verbrauch gab der Verkäufer mit 11,5 Liter an, trotz drehzahlschonendem Sechsganggetriebe. Letzteres ließ sich ganz gut schalten - abgesehen vom 3. Gang, der eine schlechtere Synchronisation hatte als die anderen Gänge. Viel Spiel im Antriebsstrang (klong).
Der Federungskomfort ist natürlich bescheiden, in Defender- oder Buschtaxi-Kreisen wird man das Hoppeln und Stoßen der Achsen aber kaum bemängeln. Aber die offenbar schlechte Karosseriequalität: Das Überfahren von Gullideckeln o.ä. erschüttert die Karosse in ihren Grundfesten. Bei solchen Stößen knarrt und ächzt die ganze Fuhre beängstigend. Ich schätze, nach einem Tag auf einer Wellblechpiste wird das Auto nicht mehr dasselbe sein wie zuvor. Die Konstruktion mit dem Plastikdach ist offenbar nicht das Gelbe vom Ei.
Das ist auch der Grund, weshalb der Massif für mich nicht in Frage kommt. Das 5türige Basismodell kostet 30750 Euro, mit ein paar Extras (Klima...) sind schnell 35000 Euro zusammen, soviel wie für den LR. Dafür erhält man ein Auto auf dem technischen Stand der siebziger Jahre und dem Qualitätseindruck eines rumänischen Billigproduktes. Über Wiederverkaufswert und Zuverlässigkeit kann man nur spekulieren. Pessimismus ist hier aber wohl nicht fehl am Platze.
Den Mythos, der den Defender vor einem ähnlich nüchternen Urteil bewahrt, kann der Massif nicht geltend machen. Ich denke, er hat nur Chancen, wenn er mindestens 5000 Euro billiger wäre als ein Landy.
Viele Grüße
P.S: Kuriosum am Rande: Der Verkäufe behauptete, dass der viertürige und fünfsitzige Station Wagon mit vom Finanzamt Hamburg anerkannten LKW-Zulassung kommt!!
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