ich wollte Euch nur mal berichten wie der Kupplungswechsel am genannten Fahrzeug geklappt hat und was da so alles weggebaut werden musste.
Verwirrt hat mich wieviel Schwachsinn und Halbweisheiten darüber im Netz verbreitet werden und alle Leute damit nur verwirrt werden und sich nicht an diese Arbeit herantrauen.
Da wird von Vorspannung des Zweimassenschwungrades über Spezialwerkzeug so ziemlich alles an Unwahrheiten und "Fachwissen" verbreitet was für mich in keinster Weise nachvollziehbar ist.
Eines nur mal gleich vorneweg: Wir haben keinerlei Spezialwerkzeuge gebraucht um den Kupplungswechsel zu realisieren.
Vorhanden war ein Ratschenkasten von KS-Tools, Gabel- und Ringschlüssel und was man halt sonst noch so hat wie Zangen und Schraubenzieher, vielleicht noch ein Montiereisen.
Hilfreich ist es auf jeden Fall die Arbeit auf einer Hebebühne durchzuführen und wir konnten auch auf eine Motorbrücke zurückgreifen um den Motor oben anzuhängen da zu einem späteren Zeitpunkt der Getriebehalter auf der Fahrerseite weggeschraubt werden muss.
An Ersatzteilen sollte unbedingt verbaut werden:
Kupplungssatz mit Zentralausrücker oder auch hydraulisches Ausrücklager (der ist sehr häufig die Ursache dafür, dass es Probleme durch Undichtigkeiten gibt und das Kupplungspedal ganz durchfällt, nicht mehr hochkommt oder in der ersten Phase die Kupplung beim vollen durchtreten nicht mehr sauber trennt und sich dadurch keine Gänge mehr einlegen lassen.
Wir haben einen Kupplungssatz von LUK (wurde von Sachs übernommen) verbaut, ich rate anhand des Arbeitsaufwandes auch von Billigschrott aus dem Netz ab.
Weiterhin ist im Zweimassenschwungrad mittig noch ein Pilotlager verbaut was in diesem Zusammenhang mit erneuert werden kann und sollte.
Es dient zur Führung der Getriebewelle in Richtung Kurbelwelle getriebeseitig.
Ein drittes Teil welches je nach Laufleistung und Beanspruchung noch mit gewechselt werden sollte ist der Simmerring der Kurbelwelle getriebeseitig.
Solltet Ihr den Simmerring tauschen wollen, soll man laut Vorgabe auch die Schrauben des Zweimassenschwungrades erneuern (Festigkeit 12.9 und vermutlich Dehnschrauben).
Was noch aufgefallen ist: Viele der Schrauben waren eingeklebt und benötigten hohen Kraftaufwand zum lösen...
PS
Hierbei wird auch oft von gebrochenen Handgelenken gesprochen, mein Tipp: lieber ein Teil mehr wegbauen.
Ich selbst hatte selten einen so entspannten Kupplungswechsel wie diesen und auch selten so viel Platz beim Schrauben...
Und los geht es...
Batterie abklemmen und das Batteriegehäuse ausbauen, schafft zu einem späteren Zeitpunkt bei der Entnahme des Getriebes Platz.
Verschlußdeckel des Ausgleichbehälters für Kühlwasser öffnen, da das Wasser später abgelassen werden muss (Verteilergetriebe ist am Kühlwasserkreislauf angeschlossen).
Auto auf der Hebebühne hochheben und die Vorderäder abnehmen.
Sicherung der Antriebswellenmuttern (in der mitte der Bremsscheibe SW32) mit einem Kreuzmeißel oder Schraubenzieher öffnen. Muttern am besten mit Hilfe eines Schlagschraubers öffnen oder Räder ohne Mittendeckel mit zwei Schrauben anziehen und Auto nochmals ablassen bis die Räder wieder Bodenkontakt haben und dann mit Ratsche / Knebel und Rohr öffnen.
Den Alu-Unterfahrschutz mit Plastikverkleidungen komplett ausbauen (Schrauben Schlüsselweite 8 vorne 2x,10 hinten 2x,13 2 vorne und 4 hinten jeweils 2 links und 2 rechts 6x)
Vorderachskörper ausbauen (2 Schrauben vorne am Rahmen und jeweils 2 Schrauben hinten links und rechts an der Aufnahme der Dreieckslenker).
Schwingungsdämpfer eine Schraube mittig lösen (verbleibt komplett am Achskörper).
Muttern der Traggelenke links und rechts (SW 21) lösen und Querlenker aus dem Federbein aushängen.
Stabilisator am Achskörper oben wegschrauben (4 Schrauben an U*Bügeln über dem Stabilisatorgummi, müsste SW 10 oder 12 gewesen sein).
Der Stabilsator kann hängenbleiben, wir haben Ihn nach dem wegschrauben mit Kabelbindern am Auspuff angehängt, Richtung Hinterachse.
Schrauben der Kardanwelle vorne am Verteilergetriebe lösen (6x Torx 10 und Mutter SW 13). Wir haben die Kardanwelle ebenfalls am Auspuff mit Kabelbindern gesichert.
Kühlwasser vom Motor ablassen, geht recht einfach am Rohr vorne am Motor hinter dem Wasserkühler, die Schelle mit einer Zange lösen und den Schlauch abziehen, Wasser in einem sauberen Behältnis auffangen, muss ja später wieder aufgefüllt werden.
Als nächstes muss nun das Verteilergetriebe ausgebaut werden, ja es muss raus weil dahinter eine Schraube sitzt an die man nicht rankommt wo das Schaltgetriebe am Motorblock festgeschraubt ist...
Den schwarzen Halter rechts am Getriebe ausbauen (3 Schrauben am Motorblock, 2 Schrauben am Verteilergetriebe).
Das Hitzeschutzblech auf der oberen Seite des Verteilergetriebes ausbauen (2 Schrauben SW10 oben, Mutter rechts SW 13 nur locker machen da der Halter hier nach vorne hin offen ist).
Die kleinen Kühlwasserschläuche vom Verteilergetriebe lösen (Vorsicht da kommt nochmal etwas Kühlwasser!).
Antriebswellen beidseitig ausbauen (Mutter außen wurden ja bereits gelöst). Dazu auf der Innenseite am Getriebe mit zwei Schraubenziehern und die Gehäuse drunterfahren und gleichzeitig einen kurzen Ruck zeitgleich, beidseitig an der jeweiligen Welle geben, dann "hüpft" sie über den innenliegenden Sicherungsring. Antriebswellen links und rechts entnehmen.
Wenn Ihr die Antriebswellen entnehmt läuft Öl aus dem Getriebe, ich habe Blaues Papier in die Öffnungen gedrückt.
Jetzt sind noch vier Schrauben am Verteilergetriebe zu lösen um es entnehmen zu können, zwei oben und zwei unten.
Ich empfehle die oberen zuerst zu öffen und die unteren als letztes (die schlechter erreichbaren immer zuerst).
Danach könnt Ihr das Getriebe entnehmen, mit einem Montiereisen zwischen Schaltgetriebe und Verteilergetriebe reinfahren und mit leichtem
Druck beide Getriebe voneinander trennen (besser mit zweitem Mann der es festhält).
Ebenfalls wieder Tücher bereithalten, auch hier läuft beim auseinanderziehen Öl aus dem Schaltgetriebe raus.
Jetzt geht es dann an das Schaltgetriebe...und die erwähnte Motorbrücke kommt zum Einsatz weil der Getriebehalter demnächst gelöst werden muss und dadurch der Motor kippt.
Also Motor am Halter im Bereich Raildrucksensor an der Motorbrücke sichern und leichte Gegenspannung erzeugen.
Den Getriebehalter von oben her am Schaltgetriebe lösen (die 4 Schrauben die in das Getriebe geschraubt sind), der Halter kann komplett an der Karosserie verbleiben.
Nun die Kupplung des Geber und Nehmerzylinders lösen (dazu den weißen Plastikring drücken und zeitgleich kräftig an der rechten Leitung wackel und ziehen die sitzen
ziemlich fest und gehen schwer auseinander).
Das Schaltgestänge ausbauen (ein Bolzen mit einer Rosette als Sicherung in der einen und ein Sperrspannstift quer in der zweiten Schaltwelle), Schaltgestänge am ebenfalls links festhängen.
Es sind auch zwei Stecker am Getriebe vorhanden (vermutlich Tachogeber und Rückfahrschalter) beide abstecken. Einer sitzt vorne und einer hinten am Getriebe.
Man kann jetzt auch schon den Motor absenken um die Schrauben im oberen Bereich des Schaltgetriebes besser zu erreichen.
Jetzt noch alle Schrauben ringsherum am Schaltgetriebe lösen, die unterste mittige habe ich bis zum Schluss drin gelassen damit das Getriebe nicht rausfallen kann.
Unterste Schraube rausdrehen und Getriebe entnehmen.
Jetzt kommen die Anfangs erwähnten Folgearbeiten...
Getriebeseitig:
- Getriebeglocke / Getriebegäuse innen reinigen
- Ausrücklager ausbauen
- Führungshülse von Ausrücklager glattschleifen und einfetten (ich habe schwarzes Fett für Gleichlaufgelenke / Antriebswellen genommen, besser noch ist Siliconfett)
- Ausrücklager einbauen
Motorseitig:
- Motor beim lösen der Schrauben nicht rückwärts drehen!!!
- Eventuelle eine der Getriebeschrauben (die unten Mittig, die als letztes entnommen wurde) wieder etwas reinschrauben und die Schwungmasse im Bereich des Anlasserverzahnung mit einem großen Schraubenzieher gegen Verdrehung blockieren.
- Kupplung ausbauen (Inbusschrauben 6 Stück)
- Schrauben von Zweimassenschwungrad lösen, Zweimassenschwungrad abnehmen
- Falls gewünscht Pilotlager erneuern (ich empfehle es jedem)
- Falls gewünscht Kurbelwellensimmering erneuern (ich empfehle es jedem)
- Zweimassenschwungrad prüfen ggf. erneuern (Siehe Internet), ich habe meines nicht erneuert.
- Reibfläche des Zweimassenschwungrades anschleifen
- Zweimassenschwungrad wieder einbauen (neue Schrauben verwenden, Anzugswert 115 NM, über Kreuz anziehen)
Kupplung einbauen:
- Druckplatte (Metallteil im Kupplunssatz) der Kupplung mit Bremsenreiniger entfetten
- Kupplungsscheibe richtig herum einsetzen (hohe Seite zur Druckplatte)
- Kupplung an Zweimassenschwungrad anschrauben, dabei ist es sehr wichtig das die Kupplungsscheibe sauber zentrisch sitzt.
Das kann man sehen indem man durch die Verzahnung der Kupplungsscheibe in Richtung Pilotlager hindurchfluchtet.
Die Schrauben darf man zuerst mal nur leicht handfest anziehen damit man die Position des Reibbelages noch korrigieren kann falls es erforderlich ist.
Bei dem Einstellen sollte man sehr gewissenhaft vorgehen, da man das Schaltgetriebe nicht mehr reinbekommt wenn die Scheibe nicht mittig sitzt, logisch oder?
Dann die Schrauben langsam Schrittweise über Kreuz anziehen, dabei nochmal kontrollieren das sich der Reibbelag nicht verschoben hat...
- Beim Anziehen kann man sehen wie mittig die Federlammellen der Druckplatte langsam steiler werden und hochkommen.
- Anzugswert der Kupplungsschrauben 25 NM.
- Nochmal durchfluchten, wenn es passt Getriebe wieder anflanschen.
Jetzt das ganze nochmal nur in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammenbauen und nicht vergessen das verlorene Getriebeöl (Spezifikation GL4 oder 5) wieder aufzufüllen.
Wer bis hierher gekommen ist sein Zweimassenschwungrad anders als man es im Netz lesen kann nicht vorspannen musste, kein Spezialwerkzeug benötigt hat, sich die Handgelenke nicht dreimal gebrochen hat, muss vermutlich alles richtig gemacht...ich hoffe ich konnte damit dem einen oder anderen etwas helfen und Licht ins Dunkel bringen.
Ohne großen Streß hat die Aktion etwa 7 bis 8 Stunden gedauert.
Viel Spaß beim Nachmachen
Ach ja, würde mich freuen von Euch zu hören ob es geholfen hat und für Euch nachvollziehbar ist.
Holger
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