Da diverse Threads gezeigt haben, dass doch etliche Leute immer wieder Fragen zu Ölen haben, wollte ich hier mal ein paar Zeilen zu diesem Thema schreiben:
1. Aufbau des Öls
Grundsätzlich besteht ein Motoröl aus einem Grundöl und zugemengten Additiven, die die Eigenschaften des Öls abändern, damit z.B. Anforderungen von Getriebe- und Motorenherstellern erfüllt werden.
Das Grundöl kann entweder ein herkömmliches Raffinat aus Erdöl sein (-->mineralisches Öl) oder ein synthetisches Öl, hergestellt z.B. durch das HC-Synthese-Verfahren.
Zum HC-Synthese-Verfahren: HC bedeutet Hydrocrack und gibt an auf welche Weise das Öl hergestellt wurde. Diese HC-Öle werden aus Rohöl durch thermische oder katalytische Spaltung hergestellt. Sie sind thermisch stabiler und weisen eine günstigere Viskosität auf als andere Ausgangsprodukte, weshalb sie bei Motorenölen inzwischen weit verbreitet sind.
Zum Grundöl werden dann noch Additive hinzugegeben, um die Eigenschaften des Öls zu verbessern bzw. zu beeinflussen. Grob geordnet gibt es drei Gruppen von Additiven:
a) ölverbessernde Additive
b) oberflächenwirksame Additive
c) ölschützende Additive
zu a) sie verändern die Eigenschaften des Öls bezüglich Viskosität, dessen pourpoint und dessen Verhalten gegenüber z.B. Dichtungen auf Elastomer-Basis
1) viskositätsverbessernde Additive machen ein niedrigviskoses Öl auch für höhere Temperaturen "fit", so dass es nicht nur für den Kaltstart, sondern auch für den normalen Betrieb geeignet ist. Ein Beispiel für die Anwendung solcher Additive wäre ein 0W-40 Öl, die "40" wird nur durch die hohe Beimengung von solch einem Additiv erreicht. Ansonsten wäre es ein einfaches Einbereichsöl der Kategorie 0W.
2) pourpointverbessernde Additive: Bei niedrigen Temperaturen fallen normalerweise Paraffinkristalle aus dem Öl aus, die verklumpen und so einen Kaltstart unmöglich machen. Hier wirken die Additive gegen, so dass man auch im tiefsten Winter noch problemlos starten kann. Einige wissen sicherlich, dass auch Diesel zu dieser Klümpchenbildung neigt, weshalb man entweder Winterdiesel (der besagte Additive enthält) oder sogar Kerosin in kalten Gegenden tankt.
3) reibwertsverändernde Additive. Diese Additive werden hauptsächlich bei Getriebeölen eingesetzt um die für Synchroringe und Differentialsperren nötigen Reibwerte exakt einzustellen.
zu b) sie sorgen für besseren Korrosionsschutz + Verschleißschutz. Zusätzlich gehören in diese Kategorie noch Dispergentien und Detergentien
1) sog. Elastomeraufqueller: Einige Dichtungen im Motor sind auf Elastomer-Basis hergestellt. Leider lassen bestimmte Kohlenwasserstoffe (PAO = Poly-Alpha-Olefine) diese Elastomere schrumpfen. Folge: Der Motor wird undicht. Aus diesem Grund mengt man dann Elastomeraufqueller bei, die wieder dafür sorgen, dass die Dichtungen aufquellen und so der Motor dicht bleibt.
2) Detergentien: Sie besitzen eine gewisse Reinigungswirkung und sollen kohleartige Ablagerungen verhindern, bzw. sie wieder lösen, wenn sie denn schon entstanden sind. Zusätzlich können sie geringe Mengen an Schwefelsäure neutralisieren, was besonders für Offroader interessant ist, die mit minderwertigen Treibstoff konfrontiert werden.
3) Dispergentien: Sie sollen die Schwarzschlammbildung verhindern und gelöste Teilchen (siehe Detergentien) in der Schwebe halten.
---> Achtung: Es gibt im Zubehörhandel immer wieder Wundermittelchen wie z.B. PTFE-Zusätze, die eine extrem harte Schicht auf allen Reibflächen bilden soll um so den Verschleiß zu minimieren. Blödsinn! Das einzige was dieses Zeug macht, ist die Dispergentien damit zu beschäftigen es in der Schwebe zu halten. Was dazu führt, dass wieder mehr Schlamm entsteht, weil nicht genug Dispergentien für das Wundermittel und den normalen Schlamm da sind X(
4) Verschleißschutzadditive: sie übernehmen in jedem guten Motoröl die Aufgabe des oben beschriebenen "Wundermittelchens". Nur im Gegensatz zu den PTFE Zusätzen die nachträglich reingekippt werden, funktionieren sie und bilden an den Stellen wo hohe mechanische Kräfte wirken und sonst Metall auf Metall reiben würde, weil der Schmierfilm nicht stark genug ist, eine spezielle nur wenige µm dicke Schicht , die dies verhindert. (naja, fast jedenfalls, sonst hätten wir den reibungsfreien Motor schon erfunden ;) )
5) korrosionshemmende Additive: ich denke die sind selbsterklärend. Auch innerhalb eines Motors muss natürlich dem Korrosionsschutz Rechnung getragen werden, da die Legierungen keineswegs nur aus edlen Metallen bestehen. Eine moderne Legierung ist z.B. AlSi17Cu4Mg. Sprich da ist Aluminium, Silicium, Kupfer und Magnesium drin.
zu c) sie sorgen z.B. dafür, dass im Motoröl gelöste Metallpartikel unschädlich gemacht werden, bewirken einen gewissen Alterungsschutz und verhindern das Schäumen des Öls
1) Metalldeaktivatoren: Metallpartikel im Öl beschleunigen dessen Alterung durch katalytische Prozesse erheblich. Also haben die Chemiker sich Stoffe zurechtgesucht, die sich an die gelösten Metallpartikel binden und sie so für das Öl unschädlich machen.
2) Anti-Schaum-Additive: na was machen die wohl?? ;)
....so....Hochachtung gebührt denjenigen, die sich das wirklich bis hierhin durchgelesen haben :)
...aber es geht noch weiter :D
Kommen wir nun zur Viskosität:
Grundsätzlich unterscheidet man zwei verschiedene "Arten" der Viskosität:
a) die dynamische Viskosität (angegeben in "Poise" = 1P = 1 dyn*s*cm^-2 = 0,1N*s*m^-2)
b) die kinematische Viskosität (angegeben in "Stokes" = 1St = 1 cm²/s )
...ich gehe jetzt mal davon aus, dass ich alle Klarheiten beseitigt habe :D :D
Norbert hatte mal den Link zu einem Kugelfall-Viskosimeter gesetzt. Damit misst man nämlich die dynamische Viskosität (wer es nachschlagen will:
DIN 51 757).
Die kinematische Viskosität wird mit einem Kapillar-Viskosimeter gemessen, dort fließt die Flüssigkeit aus einer dünnen Kapillare.
Im Enteffekt ist es aber egal wie wir die Viskosität messen, wichtig ist, dass man versteht was Viskosität ist ---> dazu spielt man am besten mit dem obigen Link.
Bekannt dürfte allen sein, dass wir die Viskosität eines Öls in SAE-Klassen einteilen.
Nehmen wir mal als Beispiel 5W-40. 5W gibt an, dass eine bestimmte Viskositätsklasse bei Kälte erfüllt wird (hier: 3500mP bei -25°C). Die zweite Zahl gibt an, in welcher Viskositätsklasse sich das Öl bei 100°C befindet. (hier: 12,5< X < 16,3 [mm²/s]).
Diese Society of Automotive Engineers hat schon in den ganz frühen Jahren des Automobilmotorenbaus diese Klassen festgelegt. Da das nun schon gut 100 Jahre her ist, sind die Einteilungen und Messmethoden natürlich überholt....wir benutzen sie trotzdem weiter, wieso auch immer (nachzulesen unter DIN 51 511). Ich erkläre jetzt mal kurz wieso diese Klassifizierung so unglücklich gewählt ist: Bei den W-Werten, wird nicht bei einer einheitlichen Temperatur gemessen, sondern jede Viskositätsklasse wird bei einer anderen Temp. gemessen. Damit aber nicht genug, damit die Logik vollends verschwindet sind die Getriebeölklassen überhaupt nicht mit den Motorölklassen vergleichbar. Ein SAE 85 Getriebeöl entspricht von der Viskosität einem SAE 30 Motoröl ---> Logik war wohl noch nie so ne richtige Stärke bei den Amis :D
Eine weitere ziemlich komplexe Eigenschaft eines Motoröls ist der Scherverlust:
Im Spalt zwischen Kolben und Zylinderwand wird das Öl einer Scherbelastung ausgesetzt. Das Öl an der Zylinderwand hat keine Geschwindigkeit, das Öl was am Kolben haftet aber die Geschwindigkeit des Kolbens - also eine sehr hohe. Als Schergefälle bezeichnet man die Differenz dieser Geschwindigkeiten geteilt durch die Schmierfilmdicke. Jetzt wieso das überhaupt wichtig ist: Bei zunehmenden Schergefälle (meist durch höhere Geschwindigkeit des Kolbens) nimmt die Viskosität eines Öls gewaltig ab, auch wenn die Temperatur gleich bleibt. --> deshalb Scherverlust, weil durch die Scherkräfte die auf das Öl wirken Viskosität "verloren" geht.
Dies wurde bei den SAE-Klassen leider nicht berücksichtigt, weshalb man für leistungsstarke Motoren, die ebensolch leistungsstarke Öle benötigen eigene Normen einführte (geschehen durch die ACEA). Diese HTHS (High Temperature High Shear)-Grenzwerte sind praxisnah, da bei 150°C Öltemperatur und einem sehr hohen Schergefälle gemessen wird. Einige Hersteller, z.B. Porsche bestehen auf einen HTHS-Wert von mindestens 3500 mP, damit sie sicher sein können, das der Schmierfilm auch bei Höchsttemperaturen sowie -drehzahlen ausreichend belastbar ist.
So jetzt sind wir auch schon fast am Ende. Es gibt allerdings noch eine weitere sehr wichtige Größe: Die Grenzpumptemperatur. Sie gibt die geringste Temperatur an, bei der nur durch die dyn. Viskosität des Öls noch genügend Öl zur Pumpe läuft. Auch hier gibt es natürlich vorgegebene Messmethoden, aber die find ich leider nicht so schnell. Liegt die Temperatur unter der Grenzpumptemperatur, so fließt der Pumpe durch die nun zu hohe Viskosität des Öls nicht mehr genügend Öl zu und schwupps kann der Schmierfilm abreissen.....Ende vom Lied.
Damit ihr nicht denkt, diese Temperaturen liegen eh so tief, dass man da nicht hinkommt hier die Grenzpumptemperaturen verschiedener Öle:
0W = -35 Grad
5W = -30 Grad
10W = -25 Grad
15W = -20 Grad
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